Bei Führung und Leadership denken die meisten Menschen üblicherweise an Hierarchie - also Führung von oben. Das ist jedoch nur eine von vier Führungsrichtungen, aus denen geführt werden kann.
Die vier Führungsrichtungen sind:
- Führung von oben
- Führen von unten
- Führung von der Seite
- Selbstführung
Wozu dient die Einteilung in vier Führungsrichtungen?
Die Einteilung in vier Richtungen hilft dabei, zu analysieren aus welchen Richtungen Führung erfolgt oder eben auch nicht erfolgt. So kannst Du in Deiner Organisation herausfinden, ob diese eventuell verstärkt oder eher abgeschwächt werden sollte.
Was ist Führung von oben?
Die wohl bekannteste Form ist die Führung von oben. Beispielhaft dafür sind die klassischen Führungsstile nach Kurt Lewin. Sie kann formell übertragen sein aber auch informell durch Konsens im Team eingenommen werden.
Führung von oben ist gekennzeichnet durch eine Person, die voran geht und Mitarbeitende im Optimalfall motiviert und “mitnimmt”. Das kann mithilfe der Position oder zum Beispiel auch durch die Persönlichkeit erfolgen. Bei Führungskräften, die wenig Vertrauen von ihren Mitarbeitenden genießen, ist zu beobachten, dass sie sich auf formelle Macht berufen, um ihre Vorgesetztenstellung zu bekräftigen und durchzusetzen.
In inhaber- oder familiengeführten Unternehmen kann man durch Führung von oben eine Art Vaterfigur für seine Mitarbeitenden werden. Das kann eine starke Bindung erzeugen. Problematisch kann es werden, wenn die Vaterfigur das Unternehmen verlässt und die aufkommende Lücke nicht adäquat gefüllt wird. Das gilt für Vaterfiguren genauso wie für mütterliche oder besonders charismatische Persönlichkeiten.
Von vielen Mitarbeitenden ist die Führung von oben oft sogar unbewusst oder bewusst gewünscht. Denn sie gibt eine feste Struktur, schafft Sicherheit und das entlastende Gefühl, dass andere die Verantwortung tragen.
Viele Mitarbeitende, Fachkräfte oder Experten sind ihr komplettes Berufsleben damit zufrieden, wenn andere die Führung übernehmen. Dann können sie beruhigt ihren Job machen und dabei auch herausragende Leistungen vollbringen.
Das brauchst Du für Führung von oben
Was ist Führung von unten?
Mit Führung von unten ist keine Revolution der Mitarbeitenden gemeint. Viel eher geht es darum, dass durch Bewegung von unten ein Druck entsteht, der zu Entscheidungen in höheren Etagen führt.
Wenn Veränderungen in Organisationen durchgesetzt werden sollen, ist es wichtig, dass diese von oben herab in Gang gesetzt und mit Ausdauer verfolgt werden. Oft fehlt den “Entscheidern” jedoch der Einblick in die Arbeitsebene. Aus Furcht kritisiert zu werden oder aufgrund mangelnden Selbstbewusstseins, halten sich Mitarbeitende oft bei Verbesserungsvorschlägen zurück. Diese sind jedoch eine treibende Kraft für wirklich sinnvolle Anpassungen im Unternehmen.
Als Führungskraft kannst Du Führung von unten von Deinen Mitarbeitenden einfordern.
- Fordere sie auf, ihre Ideen zu präsentieren.
- Ermutige sie, nachzufragen, wenn sie etwas wollen.
- Lass Dir erklären, was sie brauchen, damit sie wirksam arbeiten können.
Führung von unten ist es auch, wenn Du beispielsweise als Abteilungs- oder Teamleiter Deinen Vorgesetzten klar machst, was Du zur effektiven Arbeitserfüllung benötigst. Hier bekommst Du weitere Tipps, wie Du Führung von unten stärken kannst. Das fördert selbständiges Arbeiten Deiner Mitarbeiten.
Führung von unten kann extraproduktives oder kontraproduktives Verhalten sein
Bei extraproduktivem Verhalten geht es darum, dass das Unternehmen dadurch weiterkommt. Es handelt sich um ein Mehr an Arbeit und Gedanken, die investiert werden, um dem Unternehmen zu helfen und Innovation zu fördern.
Bei kontraproduktivem Verhalten wenden sich Mitarbeitende “gegen” das Unternehmen. Das kann ausgelöst werden durch eine Krise, die der Führungsetage nicht bewusst ist oder auch durch unethisches Verhalten von Führungskräften.
Die Wahrscheinlichkeit für produktive Führung von unten steigt, wenn das Unternehmen diese zulässt und fördert. Also höre Dir an, was Deine Leute zu sagen haben!
Was ist Führung von der Seite?
Führung von der Seite (laterale Führung) meint, dass die führende Person keine formale oder hierarchische Befugnis hat. Es geht vielmehr darum, dass verschiedene Parteien ein gemeinsames Ziel ansteuern, ohne dass eine konkrete Person alleine das Ruder in der Hand hat.
“Seitliche Führungskräfte” helfen dabei, dass alle zusammenarbeiten und das gleiche Ziel ansteuern, übernehmen jedoch selbst nicht die Kontrolle darüber.
Als laterale Führungskraft benötigt es von Dir vor allem eins: Viel Kommunikation!
Du kannst die verschiedenen Parteien zusammenführen, begleiten, motivieren. All das ist äußerst kommunikationsintensiv. Es erfordert von Dir eine besonders überzeugende Persönlichkeit und das nötige Selbstbewusstsein, um Regeln aufstellen zu können, an die sich alle halten. Dazu ist gegenseitiges Vertrauen aller Beteiligten eine Grundvoraussetzung.
Daneben benötigst Du auch methodische Kompetenzen, beispielsweise in Moderation, Konfliktintervention oder Teamentwicklung. Damit Du wirksam von der Seite führen kannst nutze meine sechs Schwerpunkte:
Du...
- koordinierst Abläufe, Prozesse und Inhalte.
- bringst Regeln und Strukturen ein.
- sorgst für die Einhaltung von Regeln.
- entwickelst Teams und Fähigkeiten.
- löst Konflikte.
- entdeckst und stärkst Ressourcen und Fähigkeiten.
Zu den Anforderungen, Grundlagen und Vorteilen von lateraler Führung bekommst Du hier einen ausführlichen Beitrag.
Was ist Selbstführung?
Bei Führung kommt die Selbstführung häufig zu kurz. Sie ist jedoch die Basis, um andere Menschen führen zu können.
Ein scheinbar triviales Beispiel ist die Pünktlichkeit. Angenommen, Du setzt Meetings an, bist aber selbst öfter zu spät. Das wirkt demotivierend und Du verlierst Deine Vorbildfunktion.
Zu wirksamer Selbstführung gehört jedoch weit mehr. Es bedeutet vor allem,
- klar und bewusst handeln zu können.
- in Frage zu stellen, was sich bewährt hat aber vielleicht nicht mehr zeitgemäß ist.
Dazu gehören nicht nur die eigenen Verhaltensmuster, sondern auch Arbeitsabläufe und bestehende Strukturen in der Organisation.
Diese müssen früher oder später angepasst werden und erfordern somit auch neue Umgangsregeln. Dementsprechend gehört es auch zur Selbstführung, den selbst aufgestellten Regeln nicht blind zu folgen, sondern sie zu hinterfragen, zu brechen und neu zu formen.
Dazu hilft es, eine ausgeprägte psychische Widerstandsfähigkeit, also Resilienz, zu haben. Denn besonders schwer kann es werden, wenn die Neuordnung von Abläufen oder Strukturen an den unterstellten Bereich weitergegeben oder sogar von ihm eingefordert wird.
Fazit der vier Führungsrichtungen
Wenn Du zu einer gesunden Selbstführung fähig bist, kannst Du die anderen drei Führungsrichtungen ebenfalls funktional nutzen. Verzichte dabei auf alte Machtstrukturen, sondern setze auf Kommunikation, Vertrauen und Deine Vorbildfunktion. Das macht es den Menschen leichter, Dir zu folgen. Von oben, von unten und auch von der Seite.